HomeDer ParkPeter DeickePferdeausbildung bedeutet Kommunikation

Pferdeausbildung bedeutet Kommunikation

pferd sessel

„Ich bin keine Guru", sagt Peter Deicke. „Ich versuche zu denken wie ein Pferd. Wenn man ganz gut ist, fühlt man wie ein Pferd". Die Grundsätze seiner Kommunikation mit Pferden sind: erst Respekt, dann Liebe und am Schluss kommt das Vertrauen.

Pferdeausbildung bedeutet Kommunikation zwischen Mensch und Pferd. Wie können wir mit den Pferden sprechen?
Die meisten Menschen versuchen immerzu ein Pferd verbal zu beeinflussen, das ist unsinnig. Sicherlich kann man durch Tonfall und Lautstärke etwas beeinflussen, aber nicht durch bestimmte Worte.

Pferde sind ganz eindeutig körpersprachlich orientiert. Wenn eine Leitstute das Ohr nur einen halben Zentimeter anlegt, dann reagiert die ganze Herde. Pferde haben von Natur nur wenige Lautäußerungen, vielleicht etwa 10 verschiedene. Aber sie haben tausend verschiedene körpersprachliche Ausdrücke.

Monty Roberts sagte mir unlängst, das Erlernen der Pferdesprache ist so aufwendig, wie das Erlernen einer Fremdsprache. Du bringst den Leuten eigentlich nur vier Grundregeln bei, das kann eigentlich fast jeder sofort verstehen und die meisten Kursteilnehmer erreichen nach drei Tagen schon eine ganze Menge ...
Ich würde sagen, wenn man Geld verdienen möchte, dann sagt man, dass alles ganz schwer ist und dass man ganz viele Kurse machen muss, dass man bestimmte Halfter kaufen muss und ganz bestimmte Stricke und dann muss man auch noch das Buch kaufen – das ist die übliche Weise, mit der man Geld verdient. Je mehr man etwas kompliziert, desto angesehener ist man. Die Leute glauben, das ist furchtbar schwer und da kommt man nie dran, das erhöht einen Menschen ganz gewaltig, Wenn man dagegen sagt: „Ihr müsst da bloß ein paar Regeln lernen und wenn ihr die könnt, dann seid ihr genauso gut wie", dann erhöht man sich damit nicht über die Masse.

Du lehrst, dass es eigentlich nur vier Grundsätze bei der Pferdeerziehung gibt. Welches sind also die Grundsätze?
Die ersten beiden sind: es gibt nur zwei Motivationsarten, die ein lebendiges Wesen dazu veranlassen, etwas zu tun. Die erste ist, ich lege Wert auf diese Reihenfolge: ein Wesen tut etwas in der Hoffnung auf einen Vorteil oder eine Belohnung. Diese Motivationsart hat für mich die absolute Priorität, sagen wir etwa 90%. Die zweite Motivationsart ist die Sorge vor einem Nachteil. Wesen tun etwas, um Strafen oder Schmerzen zu vermeiden.

Die erste Ausbildungsvariante nennt die Psychologie ja positive und die zweite Variante negative Konditionierung. Die klassische Reiterei arbeitet eigentlich nur mit der zweiten Variante, der negativen Konditionierung?
Ja, das ist leider meistens so. Meine Reitpferde werden nur positiv konditioniert, das ist phantastisch!

... viele behaupten, das geht gar nicht!
Doch, das geht! Meine Pferde sind das Beispiel dafür. Ich habe ein Pony, das macht Piaffe und Passage auf Zuruf.

Manche FN-Reitlehrer sagen abfällig, Zirkusreiterei sei keine richtige Gymnastizierung. sondern ein Abrichten, häufig sieht man zum Beispiel bei der Zirkus-Piaffe ein Strampeln ohne die geforderte Schwerpunktverlagerung.
Da ist insofern etwas Wahres dran, als in der Praxis viel falsch gemacht wird, das heißt aber nicht, dass es anders nicht geht. Die klassische Reiterei kommt zu einem großen Teil aus dem Zirkus, so hat der Begründer der deutschen Reitlehre, Gustav Steinbrecht, Pferde vor allem für den Zirkus ausgebildet. Im 19. Jahrhundert sind die besten Reiter im Zirkus aufgetreten. Eine Piaffe ist nur dann korrekt, wenn das Pferd in der Versammlung unter den Schwerpunkt tritt, den Rücken „auf macht", wie man sagt. Man sieht auch häufig einen falschen spanischen Schritt, wenn das Pferd das Vorderbein hebt und die Hinterhand kommt nicht nach, dann ist das eine absolut schädliche Übung und ein grausiges Bild. Richtig ausgeführt ist es eine versammelnde Lektion und Vorübung für die Passage.

Die ersten beiden Regeln sind also die positive und die negative Verstärkung, Was sind die anderen beiden Regeln?
Es gibt bei Tieren, mit wenigen Ausnahmen, entweder Raubtierverhalten oder Pflanzenfresserverhalten. Wenn wir ein Vertrauensverhältnis zu Pferden aufbauen wollen, dann müssen wir uns wie Pflanzenfresser verhalten. Dieser Befund ist sehr, sehr wichtig und viele Reitlehrer wissen nichts von diesen Dingen. Wir Menschen können beides, neigen von Natur aber zum Raubtierverhalten. Ich habe vor einiger Zeit Psychobiologie studiert. Die Professorin, die in Hildesheim die Biologie gemacht hat, war eine gute Freundin von mir, von ihr habe ich sehr viel über Tierpsychologie gelernt.

Was ist also der Unterschied zwischen Raubtierverhalten und Pflanzenfresserverhalten?
Wenn ein Pferd in Freiheit Druck macht und der andere weicht, dann hört der Druck sofort auf. Das setzt natürlich voraus, dass das rangniedrige Pferd auch weichen kann – in Gefangenschaft, wenn der Rangniedere nicht weichen kann, kann es passieren, das ein Pferd das andere tot prügelt. Ein Raubtier dagegen verstärkt den Druck, wenn der andere dem Druck weicht, das Raubtier setzt dann erbarmungslos nach. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied. Wir Menschen können beides, Raubtier- und Pflanzenfresserverhalten. Die meisten Menschen verhalten sich von Natur aus aber wie grausame Raubtiere. Wer sich das bewusst macht, kann dagegen angehen und sein Verhalten ändern. Eigentlich kennen wir alle diese Unterschiede, das ist nichts neues, aber wir machen sie uns nicht bewusst.

Du sagst „mobbing" am Arbeitsplatz ist auch ein Beispiel für Raubtierverhalten?
Ja, ein Raubtier nutzt Schwäche aus und setzt dann gerade nach. Erkennt es bei einem Beutetier Schwächen, dann steigert das den Beutetrieb. Zeigt ein Mensch Schwächen oder er verhält sich anders, als die Gruppe, dann fallen die „Raubtierartgenossen" über ihn her. Auch bei Wölfen kommt es vor, dass der Rangniedrigste im Rudel sogar getötet wird. Auch müssen Raubtiere sich anschleichen und betrügen, um Beute zu machen. Pferde können nicht betrügen, sie sind in ihrer Körpersprache ehrlich und gerade heraus. Wenn Laien ein Pferd von der Weide holen sollen, dann fixieren sie das Pferd mit den Augen und gehen meist vorsichtig und langsam auf das Pferd zu. Das wird vom Pferd aber als Raubtierverhalten und als Anschleichen interpretiert und es läuft gerade weg. Viele Reiter haben schon die Erfahrung gemacht, dass das Pferd auf der Weide in dem Moment kommt, wenn der Reiter jegliche Versuche, es zu fangen, aufgegeben hat und es vor Ärger zuvor sogar weggejagt hat.

Du lehrst auch, dass es für einen Herdenführer wichtig ist, seine Privatzone zu verteidigen?
Ja, das ist von entscheidender Bedeutung. Der Rangniedrige darf die Privatzone des Chefs nicht ungefragt verletzten, in einer Firma würde der Auszubildende dem Chef niemals von sich aus jovial auf die Schulter klopfen, umgekehrt ist das ganz normal. Herdenchefs verteidigen ihre Privatzone vehement und ohne zu zögern. Wenn es sein muss, schlagen und beißen sie, hören aber sofort auf, sobald das geringste Zeichen der Unterordnung erfolgt.

Druck ausüben ist nicht gleichzusetzen mit Strafe?
Nein, überhaupt nicht. Pferde üben durch ihre Körpersprache ständig Druck aus. Derjenige, der die Bewegung des anderen, das sind Richtung und Tempo, bestimmt, ist der Chef. So müssen auch Menschen ihre ranghöhere Position verteidigen und, wie eine Leitstute jederzeit in der Lage sein, die Bewegung des Pferdes zu kontrollieren.

Gibt es eine gewaltfreie Pferdeerziehung, kann man Pferde nach dem Gandhi-Prinzip erziehen?
Mit dem Gewaltbegriff ist das so eine Sache – Pferde sind nicht gewaltfreie Wesen. Die Leitstute haut, wenn es notwendig ist, gewaltig zu. Der Hengst verteidigt die Herde mit Gewalt. Gewaltfreiheit in diesem Sinne muss auch eine Pferdeerziehung nicht sein. Gandhi hat sich gewaltig durchgesetzt, er hat psychische Gewalt angewendet, er war nur gegen Gewehre und Kanonen. Wenn ein kleines Kind ins Wasser laufen will, dann muss ich es mit Gewalt zurückhalten! Gewalt ist nicht an sich schlecht, sie kann gut und schlecht sein. Wenn ich Gewalt anwende zu meinem egoistischen Vorteil, dann ist es schlecht, wenn ich Gewalt anwende zum Vorteil des Kindes, dann ist es gut. Es liegt immer am Motiv und natürlich auch an der Form der Gewalt.

Pferde testen den Führungsanspruch immer wieder aufs Neue, mitunter mit Gesten, die dem Menschen gar nicht auffallen. Mache Menschen ärgern sich über diese „Dummheit" ihrer Pferde...
Ein Hengst probiert mindestens 300 Mal am Tag sich durchzusetzen, das ist in seinen Genen so angelegt. Bei Wallachen hängt das davon ab, wann sie kastriert wurden. Stuten lassen sich weniger schnell überzeugen, ordnen sich dann aber meist verlässlicher unter. Für ein Pferd ist ein verlässlicher Führer überlebenswichtig. Wenn Menschen nicht führen, dann muss das Pferd die Führung übernehmen – und das tut es dann auch. Das ist nicht gesund für den Menschen! Besonders Frauen denken häufig, das wenn sie lieb und nett zu ihrem Pferd sind, dann ist das Pferd auch lieb und nett zu ihnen. Wenn ich aber lieb und nett bin, dann kann das Pferd sich nicht sicher fühlen und lehnt mich als Führer ab.

Das klingt, als seien Männer die besseren Pferdeleute...
Männer neigen dazu, Raubtier zu sein. Es fällt ihnen leichter, Druck aufzubauen, aber sie lassen nicht nach, wenn das Pferd weicht. Insofern können Männer von Frauen lernen und Frauen von Männern. Männer die ihre „weibliche" Seite kultivieren, haben einen riesigen Vorteil, sie können umschalten und müssen nicht immer den Macho spielen.

Viele Reiter sagen: „Zirkuslektionen? – Brauchen wir nicht!" Eigentlich müsste die Überschrift über deinen Kurs jedoch „Kommunikation mit dem Pferd" heißen und deine Regeln lassen sich 1 : 1 auch auf jede Reitsituation anwenden.
Ja, so ist es! Wenn man wirklich in die Klassik zurückgeht, zum Beispiel alte Militärreitbücher liest, dann findet man zum Beispiel, das alle Offizierspferde liegen mussten – nur ein absolut vertrauensvolles Pferd legt sich hin und lässt sich sogar noch ein Gewehr auf den Bauch legen, das dann knallt. Diese Übung hat man nicht nur gemacht, um den Menschen vor der Kugel zu schützen, sondern auch und vor allem als Vertrauen bildende Maßnahme, denn ein gut ausgebildetes Pferd war die Lebensversicherung. Ein gutes Pferd blieb auch stehen, wenn der Reiter stürzte – das tut es nur, wenn es Vertrauen in den Menschen als Führer hat, es fühlt sich dann beim Menschen sicher. Wenn das Pferd kein Vertrauen hat und fortläuft, dann ist der Offizier tot!

Manche der heutigen Pferdetrainer behaupten von sich, sie hätten die Pferdesprache entdeckt? Du sagst, die Reitmeister und Zirkusausbilder im 19. Jahrhundert hatten schon dieses Wissen.
Ja, der Weg zu den Zirkuslektionen wurde aber nicht aufgeschrieben, das war ein Berufsgeheimnis. Und die Tradition geht noch viel weiter zurück. Die Stallmeister von König Salomon (10. Jh. v. Chr.) haben schriftlich untersagt, ein Pferd zu bestrafen! Xenophon (5. Jh. v. Chr.) schreibt genau dasselbe. Das ist uraltes Pferdewissen, das ist nicht Jahrhunderte, sondern Jahrtausende alt. Jedes gute Reitervolk macht es auf diese Weise, auch die Mongolen oder Indianer arbeiten so. Allein die Araber haben eine brutale Tradition.

Welches war das beeindruckendste Erlebnis mit Pferden auf deinen Reisen?
Das tollste, was ich mit Pferden erlebt habe, war in Argentinien. Das war in der Pampa auf einer großen Pferdeschau. Dort war eine große Herde von etwa 60 Pferden. Von jeder Farbe hatten sie 5 Pferde, Schimmel, Rappen, Braune, Isabellen, Falben, Füchse, Schwarzschecken, Braunschecken, usw. Alles wuselte durcheinander und auf einen Pfiff hin standen binnen Sekunden alle Pferde in Fünfergruppen nach Farben sortiert nebeneinander. Dann kam erneut ein Pfiff und alles wuselte wieder durcheinander. Auf den nächsten Pfiff standen alle Pferde geordnet in Fünfergruppen hintereinander. Dieser Vorgang wiederholte sich noch mehrmals – wie sie die Pferde dazu bringen, weiß ich bis heute nicht!

Du bist auch ohne jegliche Sprachkenntnisse in der mongolischen Steppe geritten?
Ja, die Verständigung klappte prima mit Zeichensprache. Von den Mongolen habe ich auch viel über Pferde gelernt. Man muss wissen, dass die Mongolenpferde seit Jahrhunderten auf Aggressivität gezüchtet sind. Früher haben die Mongolen bei ihren Schlachten zunächst eine Pferdeherde in die gegnerischen Linien getrieben! Wen man bei den mongolischen Pferden als Reiter nicht aufpasst, dann bringen die den Reiter um. Mir selber ist das beinahe passiert: ich hatte versucht, auf mein Pferd von der falschen Seite aufzusteigen. Das hat er mir so übel genommen, dass er sofort und gezielt nach mir gebissen hatte. Ich bin dann gestürzt aber in den Stricken, die das Gepäck auf dem Pferd hielten, hängen geblieben und das Pferd schnappte weiter nach mir. Die Mongolen kamen mir zur Hilfe und noch am Boden liegend biss das Pferd weiter nach mir. Als ich befreit war, schnitt man auch das Pferd, das sich völlig verheddert hatte, aus den Seilen; es sprang daraufhin auf und holte als nächstes den nächst besten Reiter aus dem Sattel!

Interview von Dr. Gero Büsselmann mit Peter Deicke, 2008, in „Der Oldenburger Reitplatz"

 

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